Die Freie Interkulturelle Waldorfschule Mannheim (FIW) ist von der Deutschen UNESCO-Kommission als vorbildliches Beispiel für zukunftsfähige Bildung ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung als „Projekt der UN-Dekade für nachhaltige Entwicklung“ wird am 20. Februar auf der didacta in Köln an die Vertreter der Schule vergeben. An der Interkulturellen Waldorfschule im Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-West werden 300 Schüler aus 33 verschiedenen Nationen unterrichtet. In diesem Herbst feiert sie ihr zehnjähriges Bestehen.
Der Bund der Freien Waldorfschulen (BdFWS) gratulierte der Schule zu der Auszeichnung: „Mit ihrem Engagement für ihre multikulturell zusammengesetzte Schülerschaft haben die Mannheimer Waldorflehrer ein Zeichen gesetzt“, erklärte dazu Henning Kullak-Ublick vom Vorstand des BdFWS. Die wissenschaftliche Begleitforschung zur Interkulturellen Waldorfschule habe dokumentiert, dass die Waldorfpädagogik besonders gut geeignet sei, auch Schüler mit Migrationshintergrund nachhaltig zu fördern. „Das macht Hoffnung auch für das neue Projekt in Hamburg-Wilhelmsburg“. Hier soll in Zusammenarbeit zwischen Waldorfschule und staatlicher Schulbehörde ein neues interkulturelles Schulmodell entstehen.
In der Würdigung der Jury zur Auszeichnung der Interkulturellen Waldorfschule Mannheim wird besonders das pädagogische Anliegen hervorgehoben, das Miteinander der Schüler zu fördern. „Die Freie Interkulturelle Waldorfschule Mannheim zeigt eindrucksvoll, wie zukunftsfähige Bildung aussehen kann. Das Votum der Jury würdigt das Projekt, weil es verständlich vermittelt, wie Menschen nachhaltig handeln“, so Prof. Dr. Gerhard de Haan, Vorsitzender des Nationalkomitees und der Jury.
Die Mannheimer Schule wurde in einem Stadtteil gegründet, der von kultureller Vielfalt und einem hohen Migrantenanteil geprägt ist. Mit ihrem interkulturellen und sozial-integrativen Ansatz möchte die Schule eine möglichst dauerhafte Tragfähigkeit der pädagogischen Arbeit für jeden Einzelnen erreichen. „Basis unserer Arbeit ist der ganzheitliche und am Entwicklungsstand des Kindes und Jugendlichen orientierte Lehrplan“, betonte dazu Vorstandsmitglied Zan Redzic, der auch Klassenlehrer an der Interkulturellen Waldorfschule ist. Soziale und interkulturelle Integration werde außerdem mit dem Wissen um ökologisches Handeln und durch vielfältige theoretische und praktische Auseinandersetzung mit biologischer Vielfalt verknüpft. „Bildung für nachhaltige Entwicklung zieht sich damit als Leitlinie durch alle pädagogischen Angebote“, so Redzic.
Auch der Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg ist durch einen hohen Migrantenanteil gekennzeichnet. Hier soll 2014 eine Interkulturelle Waldorfschule in städtischer Trägerschaft den Betrieb aufnehmen. Der Senator für Schule und Berufsbildung der Hansestadt Hamburg, Ties Rabe (SPD), hat seine Bereitschaft zu diesem Schulversuch bereits deutlich gemacht. Die Schule soll – vollfinanziert durch die Hansestadt – in der Ganztagsschule Fährstraße entstehen. In vielen Sondierungsgesprächen werden derzeit von der Waldorfinitiative und einer Delegation des BdFWS die Bedingungen dafür ausgelotet.
Waldorflehrer und Lehrer der staatlichen Schule werden in diesem bisher einmaligen Schulversuch zusammenarbeiten. Erste Treffen des gemischten Kollegiums haben schon stattgefunden. „Wir freuen uns sehr über die gute Zusammenarbeit mit den neuen Kollegen“, so Projektleiterin Christiane Leiste. Ende März soll endgültig über den Start des Modells entschieden werden. Während in Mannheim ein Teil der Elternbeiträge von Sponsoren aufgebracht werden muss, würde dies in Wilhelmsburg aufgrund der staatlichen Finanzierung entfallen.
Die Deutsche UNESCO-Kommission hat in Deutschland bereits über 1.600 Projekte ausgezeichnet: In Schülerfirmen etwa lernen Kinder ökonomisch sinnvoll, umweltverträglich und sozial gerecht zu handeln. Nachhaltige Entwicklung funktioniert aus der Sicht der Vereinten Nationen nur, wenn sich jeder für eine menschenwürdige Gesellschaft einsetzt. Die notwendigen Fähigkeiten dazu vermittelt Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz BNE. Mit der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014) haben sich die Staaten der Vereinten Nationen verpflichtet, diese Art des Lernens in ihren Bildungssystemen zu verankern.
Bund der Freien Waldorfschulen e.V.
Die derzeit 234 deutschen Waldorfschulen haben sich zum Bund der Freien Waldorfschulen e.V. mit Sitz in Stuttgart zusammengeschlossen, wo 1919 die erste Waldorfschule eröffnet wurde. Die föderative Vereinigung lässt die Autonomie der einzelnen Waldorfschule unangetastet, nimmt aber gemeinsame Aufgaben und Interessen wahr.